Katar-Reise, Teil 3: Ein Fazit

Es war richtig, mit dem FC Bayern nach Doha zu reisen. Ich konnte dort Eindrücke gewinnen, wie mir das zuhause vorm PC sitzend nie gelungen wäre.

War ich vor der Reise skeptisch, ob der FC Bayern überhaupt in Katar für bestimmte Werte (Fairness, Toleranz, Freiheit) und Menschenrechte eintritt, habe ich mit eigenen Augen gesehen, dass der Club – zumindest bei diesem Trainingslager – einiges tut.

Um die in Teil 2 beschriebenen Aktivitäten umzusetzen, sind natürlich gute Kontakte und viele Verhandlungen mit katarischen Vertretern aus Gesellschaft und Politik notwendig. Das musste teilweise langfristig geplant werden. Ich erfuhr, dass Vereinsvertreter nicht nur zu den Trainingslagern in Katar sind, sondern meist noch zwei weitere Male im Jahr nach Doha reisen. Nach Angaben des Clubs ginge es darum, die Kontakte zu vertiefen und nachzuhaken, wie es bei den kritischen Themen vorangehe.

Der FC Bayern hat wie beschrieben mehrere kleinere Aktionen mit einem gewissen gesellschaftspolitischen Anspruch durchgeführt. Dabei war stets die lokale Presse eingeladen. Das sollte nach den Wünschen des Clubs dazu führen, dass die Aktionen über die TV-Berichterstattung eine größere Reichweite im Land bekommen. Soweit ich das erfahren habe, hat das katarische TV auch die Beiträge dazu gesendet.

 

Kritikpunkte

Der FC Bayern hat sich während des Frauentrainingslagers 2019 in Doha zweifellos vorbildlich präsentiert und verhalten. Er hat mehrfach die Spielerinnen einbezogen und bei vielen Gelegenheiten dezidiert Menschenrechtsthemen angesprochen.

Ich muss im Rückblick aber auch nach meiner Reise bei der Kritik bleiben, dass der FC Bayern erst nach mehreren Jahren ernsthaft damit begonnen hat, sich in Katar gesellschaftspolitisch einzubringen. Zwar wurden frühzeitig Einschätzungen von NGOs, vom Zentralrat der Juden und von der Bundesregierung eingeholt, dass es vertretbar sei, in dieses Land zu reisen. Doch die Erkenntnis, dass nicht schon eine reine Anwesenheit des FCB für irgendeine Wertevermittlung sorgt, kam erst spät.

Es bleibt zudem zu kritisieren, dass der Club ein dem der Frauenmannschaft entsprechendes Engagement mit dem Männerteam bisher offenbar nicht zeigt. Ich habe darüber vor Ort mit Vereinsvertretern diskutiert. Mir wurde gesagt, dass die Vereinsführung auch im Rahmen der Männertrainingslager mit katarischen Vertretern im Gespräch sei. Doch dass es schwierig sei, die männlichen Profis mit ihrem extrem dichtgepackten Zeitplan für gesellschaftspolitische Aktionen heranzuziehen. Außerdem will der FC Bayern, so wurde es mir gesagt, mit den Männern keine nur für die Öffentlichkeitswirksamkeit in Deutschland nützliche Aktionen durchführen, die in Katar keinen nachhaltigen Effekt hätten. Man suche aber nach Themen, Ideen und Maßnahmen, vergleichbar mit denen des Frauentrainingslagers, mit denen man auch mit den männlichen Profis in die katarische Gesellschaft hineinwirken könne.

Ferner bleibt zu kritisieren, dass der FC Bayern seine Aktivitäten in Katar nur unzureichend in der Heimat vermittelt. So wurden zwar in den Social-Media-Kanälen der FCB Frauen und auf deren Website erwähnt, was für Aktionen im Land durchgeführt wurden. Aber das reicht meines Erachtens nicht aus. Hier bedarf es mehr Informationen und Beiträge in den Clubmedien wie dem Sender oder dem Mitgliedermagazin. Warum nicht einmal vor dem nächsten Männer-Trainingslager eine Pressekonferenz in München einberufen, auf der neben den sportlichen Zielen auch detailliert über die gesellschaftlichen Aktivitäten des Clubs in Katar berichtet wird?

Ich muss an dieser Stelle aber auch die Journalisten kritisieren, die Jahr für Jahr vor Ort in Doha sind und bisher keine einzige der Pressekonferenzen des FC Bayern dazu genutzt haben, mal nachzuhaken, ob und wie der Club sich in Katar äußert oder engagiert. Journalisten, die immer wieder in der Heimat zurecht die Trainingslager des FC Bayern in Frage stellen, schweigen zum heiklen Thema, sobald sie in Doha sind.

 

Meine Meinung zum FC Bayern in Katar

Wenn der FC Bayern auch zukünftig die Trainingslager in Doha dafür nutzt, offensiv für Menschenrechte und universelle Werte einzutreten – und wenn er das auch mit der Männermannschaft macht – dann kann ich weitere Trainingslager in Katar akzeptieren. Nach wie vor falsch finde ich das Sponsoring durch Qatar Airways. Während die Trainingslager nicht durch Katar finanziert, sondern vom FCB bezahlt werden, besteht zwischen dem FC Bayern und Qatar Airways eine Geschäftsbeziehung. Eine unnötige Abhängigkeit, die der Club hier mit dem Staatsunternehmen eingeht. Unnötig, weil ich nach wie vor nicht glaube, dass der FC Bayern existenziell auf die Mehreinnahmen aus diesem Airline-Sponsoring (im Vergleich zum vorherigen Lufthansa-Deal) angewiesen ist.