Der FC Bayern in Katar. Eure Fragen und meine Antworten.

Als ich Anfang der Woche den Katar-Bericht veröffentlichte, fürchtete ich die Reaktionen. Umso überraschender und erfreulicher war es dann zu erfahren, dass ich via Twitter und direkt bei mir nur positives lesen konnte. Einige von Euch haben sich mit Fragen und Anmerkungen gemeldet. Alles wichtige und gute Punkte, zu denen ich hier gerne Stellung nehme. Manches kann ich allerdings nur aufgrund meiner Beobachtungen vor Ort beantworten, bzw musste den Schilderungen meiner Gesprächspartner vertrauen.

 

Ich habe den Eindruck, dass man diese Aktionen jetzt macht, um die Kritiker zu besänftigen, letztendlich es bei den Trainingslagern aber nur darum geht, die guten Beziehungen zu den Qataris aufrechtzuerhalten, um via Sponsoring auch etwas vom dortigen Kuchen abzubekommen. Dazu passt halt nicht die Kritik an der Finanzierung von PSG. Letztendlich kommt die Kohle in beiden Fällen von einem Staat, der die Menschenrechte massiv verletzt. Und dass sich daran etwas ändert, weil der FCB dorthin fährt, halte ich für ausgeschlossen. Hast Du die Divergenz zwischen dem eigenen Sponsoring-Vertrag und der PSG-Kritik mal angesprochen?

So wie ich den FCB vor Ort erlebt habe, hatte ich nicht den Eindruck, dass das eine PR-Aktion für die Heimat gewesen ist. Dafür waren die Maßnahmen zu wenig „glamourös“ oder vermarktungsgeeignet. Das waren ja eher kleine Aktionen, die über die lokale Berichterstattung eine Wirkung ins Land Katar haben sollten. Das ist auch soweit ich das mitbekommen habe, gelungen.

Aber natürlich ist es so, dass es bei den Trainingslagern des FCB in Doha ums Geld geht. Und zwar so, dass Katar ein mächtiger, sehr reicher potenzieller Partner ist, den man sich warm halten möchte.

Ich glaube aber auch, dass der FC Bayern ruhig selbstbewusster und mutiger dort auftreten und weitere Verbesserungen bei den Menschenrechten fordern könnte. Derzeit ist die Stimmung in Katar so, dass solche Forderungen die Reformkräfte unterstützen würden.

Ob der FC Bayern höchstpersönlich die Menschenrechtslage in Katar verbessern kann, glaube ich auch nicht. Das kann meines Erachtens aber auch nicht der Anspruch sein. Meiner Meinung nach hat der FC Bayern die Pflicht, für seine Werte, für Freiheit, Toleranz und Menschenrechte einzustehen. Und er darf meiner Meinung dann nach Katar fahren, wenn er a) diese Themen anspricht und b) in Katar auch zukünftig Reformen vorangetrieben werden.

Zu PSG / FCB:

Ich habe sowohl in meinem Blog dazu Stellung bezogen als auch vor Ort in München bei einem Gespräch mit Uli Hoeneß und auch in Doha mit Vereinsverantwortlichen darüber gesprochen, dass man nicht einerseits PSG für das „Scheichgeld“ kritisieren und andererseits beim Staatsunternehmen Qatar Airways die Hand aufhalten kann. Der FCB ist der Ansicht, dass ein Unterschied zwischen PSG (Eigentümer: Katar) und FCB (ein Sponsoring durch Katar) besteht. Den Unterschied sehe ich auch, finde es dennoch unangemessen, PSG für das Geld aus Katar zu kritisieren.

 

Woher nimmst du die Annahme dass Bayern das TL selber zahlt?

Der FC Bayern zahlt definitiv das Trainingslager der Frauen selbst. Das habe ich vor Ort mitbekommen. Auch die Flüge mit Qatar Airways wurden vom FC Bayern bezahlt, denn bis jetzt ist die Airline nur Sponsor der Profi-Männermannschaft.

Ich habe vor Ort gehört, dass auch das Männer-Trainingslager nicht durch einen Sponsor finanziert wird. Wie das in den Jahren davor war, weiß ich nicht. In den ersten Jahren (2011-2014) hat wohl Volkswagen als Sponsor das Trainingslager finanziert. Aber seit 2015 (?) ist das offenbar nicht mehr der Fall.

 

Gibt es in Katar Zwangsarbeit? Und wenn ja, warum wird das von Dir nicht thematisiert? Zweite Frage; Sind in Katar Wanderarbeitskräfte vom normalen Arbeitsrecht ausgeschlossen?

Zwangsarbeit als Arbeit, zu der jemand widerrechtlich unter Androhung von Strafe herangezogen wird? Davon habe ich in Katar noch nie gehört. Die Arbeitsmigranten, die im Land sind, sind so gut wie alle über ein Arbeitsvisum und einen unterschriebenen auf mehrere Jahre befristeten Arbeitsvertrag im Land. Dass viele Menschen die Verträge, die sie unterschreiben, nicht richtig lesen oder verstehen können, ist ein großes Problem. Würde ich aber nicht als Zwangsarbeit bezeichnen.

Mit „Wanderarbeitskräfte“ meinst Du wahrscheinlich die Arbeitsmigranten. Hier gibt es bis heute rechtliche Unterschiede zur einheimischen Bevölkerung. Grundsätzliche Arbeiterrechte wurden in der Vergangenheit vielfach und heute vor allem bei den Hausangestellten missachtet. Das ist ja der Hauptkritikpunkt an Katar. Seit 2017 aber gibt es hier immerhin Reformbestrebungen und eine Reihe neuer Gesetze und Beschwerdemöglichkeiten, die den Arbeitsmigranten mehr Rechte zugestehen.

 

Die Grundsatzdiskussion dürfte bleiben: Wie ändert man Umstände in Ländern wie Katar am besten? Durch Druck und Isolation oder durch diplomatisches Engagement, auch wenn man dabei mit Umständen umgehen muss, die einem inakzeptabel sind. Schöner, weil für „uns“ viel einfacher, wäre Boykottieren und Draufhauen. Realistisch gesehen aber wird es nur mit viel Geduld und dem Schlucken vieler Kröten gehen.

Ja, das ist die große Frage. Vor einigen Jahren war ich voll auf der Boykott-Schiene. Denn ein Land, in dem die Menschenrechte missachtet werden UND in dem keine Anzeichen von Reformen erkennbar sind, darf nicht mit Besuchen des FC Bayern geehrt werden.

Heute sehe ich das etwas anders. Wie ich erfahren habe, unterstützt die Anwesenheit von europäischen Top-Clubs, die sich vor Ort für Menschenrechtsthemen stark machen, die Reformkräfte im Land.

 

Gut und wichtig finde ich die deutliche Kritik am stark unterschiedlichen Procedere des FC Bayern zwischen den Damen- und der Herren-Mannschaft. So wird bis auf weiteres der Makel bleiben, dass das was man mit den Damen macht, ein mikroskopisch kleines Feigenblatt ist, wenn man es mit der Reichweite und dem Impact vergleicht, den man mit dem Herrenteam erzielen könnte. Das und die in der Realität vermutlich existierende Verbindung zum Sponsoring durch Qatar Airways geben mir dann eben doch das Gefühl, dass das, was der FC Bayern dort macht doch mit einer gewissen Portion Schmutz behaftet ist. Man wabert in einer (Dunkel-)Grauzone, in der man „seinen“ Verein eigentlich nicht sehen will.

Ja das Problem sehe ich auch. Einerseits ist es gut, dass der FC Bayern mittlerweile überhaupt ein Engagement vor Ort zeigt. Und das Engagement mit der Frauen-Mannschaft mag aus deutscher Sicht „mikroskopisch“ wirken, hatte aber vor Ort schon einen „Impact“. Andererseits MUSS der Club vergleichbare Aktionen auch mit den Männern in Doha machen. Ganz klar.

 

Wurde dir eine Reise mit der Herrenmannschaft angeboten bzw. hättest du Interesse dran?

Eine Reise mit der Männermannschaft wurde mir nicht angeboten. Vermutlich weil der Club mir mit der Frauenmannschaft zeigen wollte, wie viel er in Katar tut. Sollte ich einmal die Gelegenheit bekommen, mit der Herrenmannschaft nach Doha zu reisen, würde ich die gerne nutzen.

 

Dein Bedauern über das geringere Engagement der Männer teile ich weil das natürlich deutlich mehr Wirkung hätte. Vielleicht mal ein zeitgleiches Trainingslager?

Der Vorschlag klingt auf den ersten Blick charmant. Doch würde das ganz praktisch nicht funktionieren. Die Teams haben ihre unterschiedlichen Trainingspläne / Zeitpläne. Es wäre wohl aufgrund der unterschiedlichen Saisonverläufe schon schwierig, einen gemeinsamen Zeitraum für das Trainingslager zu finden. Vor Ort würden dann die Männer die gesamte Aufmerksamkeit bekommen, für die Frauen würde sich leider praktisch niemand interessieren. Von daher sehe ich nicht den Nutzen.

 

Wieso nicht Südspanien oder Florida für das Wintertraining? So viel besser ist es in Qatar nicht, dass es die Problematik benötigt.

Das ist auch meine Meinung. Ich kann hier aber nur wiedergeben, was mir vom Club gesagt wurde (auch vom Trainerteam der Frauen): Die extrem kurzen Fußwege (2 Minuten) vom Hotel zum perfekt gepflegten Trainingsplatz bei garantiert trockenem milden Wetter findet man wohl so in überschaubarer Flugzeit nirgendwo. Ich bin kein Reiseverkehrskaufmann, der das überprüfen könnte. Daher lasse ich das einfach mal so stehen. Und es ist ja auch so, dass es eben nicht nur die Trainingsbedingungen sind, die aus Vereinssicht für Doha sprechen, sondern auch die geschäftlichen Kontakte in diesen superreichen Golfstaat.